Oder: Wenn ma’s net ordentlich macht, wird’s halt g’fährlich.

Liebe St. Veiter,
wir kommen mit dem Schreiben der Blogs kaum noch hinterher. Ursprünglich wollten wir mit diesem Format nur gelegentlich einen kritischeren Blick auf Entscheidungen und Entwicklungen in unserer Gemeinde werfen, aber was sich da Woche für Woche auftut, lässt uns gar keine Pause. Offenbar liefert die Gemeindeführung im Wochentakt Stoff für neue Beiträge. Danke an dieser Stelle für Ihre vielen Hinweise und Rückmeldungen!

Die Nachbarn informieren – wir eilen hinterher

Am 28. Mai 2025 hat die Nachbargemeinde Traisen auf ihrer Homepage und auf Facebook eine Information zur bevorstehenden Sperre des Radwegs im Gemeindegebiet St. Veit veröffentlicht. Inklusive Karte, Umleitungsstrecke und dem Verweis auf eine Verordnung vom 15. Mai 2025 der Gemeinde St. Veit.

Rund vier Stunden später kam auch von unserem Bürgermeister eine Info über Facebook und WhatsApp:
Umleitung des Radweges
Wegen Bauarbeiten der ÖBB kann es zu vermehrten Gefahren kommen, aus diesem Grund ist der Radwegabschnitt zwischen den Wohnhausanlagen am Teich und der Radwegkreuzung Gölsentalradweg (rote Markierung im Bild) aus Sicherheitsgründen für Anrainer und Radfahrer ab 1. Juni 2025 gesperrt.
Eine Umleitung wird eingerichtet: Die Strecke führt von der Radwegkreuzung über den Tennisplatz Traisen, weiter über den Hubhof bis nach Wiesenfeld (gelb markiert im Bild).
Wir bitten um Ihr Verständnis.

Das hat viele stutzig gemacht, vor allem der Hinweis, dass auch Anrainer ausgesperrt werden sollten. Keine klare Information, keine offizielle Aussendung, kein Aushang. Dafür ein Posting, vier Tage vor Sperre. Man muss schon sagen: Die „Informationspolitik“ funktioniert, solange es keine ernsteren Inhalte sind.

Ohne die Info aus Traisen hätten wir in St. Veit wohl wieder nix gewusst. Und das, obwohl es um eine Sperre für über zwei Monate geht. Für viele Freizeitsportler oder auch einfach Anrainer eine massive Einschränkung, aber kein offizieller Aushang an der Amtstafel, kein Postwurf, keine Vorwarnung.

Wichtige Punkte fürs Verständnis

Die Verordnung wurde am 15.05.2025 verfasst, der Plan zur Umleitung sogar schon am 16.04.2025.
Eine erste öffentliche Information bezüglich der Umleitung seitens der St. Veiter Gemeinde kam nur über Facebook und Whatsapp am 28.05.2025 und später auch auf der Webseite.
Die Verordnung selbst wurde dann zumindest am 30.05.2025 ins Netz gestellt (Anmerkung: Unsere Gemeinderäte wollten Einsicht in die Verordnung haben, diese wurde verwehrt mit dem Hinweis, dass sie bald auf der Homepage sein werde). Bedenklich, dass die Gemeindeverwaltung wohl auch gegenüber Gemeinderäten einen Maulkorb bekommen hat. Das werden wir aber an einer anderen Stelle nochmals genauer beleuchten, alsbald wir dieses Thema mit dem Bürgermeister besprochen haben, denn Auskunft darf sein, besonders wenn man im Interesse der Bevölkerung handelt.
Verordnung ist nicht auf der Amtstafel angeschlagen, auch nicht die Umleitungsstrecke.
Noch erstaunlicher, jede Kleinigkeit wird mittels Amtlicher Nachricht per Postwurf ausgeschickt. Diese Information wurde wieder einmal verschlafen. Es ist scheinbar wichtiger eine Terminvorschau für einen Ausflug im September im Amtsblatt kundzutun statt einer Radwegsperre, welche über den halben Sommer geht und eine Streckensperre mit Umleitung über die B18 mit sich bringt. St. Veit hat noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen. Wobei der Ausflug passt zum Motto des Bürgermeisters „nach der Wahl, ist vor der Wahl“

Umleitung dient zur Sicherheit?

Es stellt sich die Frage für wessen Sicherheit? Der Radwegabschnitt in Steinwandleiten wird von der Eisenbahnbrücke in Traisen, über die Kalkmühle und Bahnzeile bis zur Wiesenfeldbrücke gesperrt. Der Bürgermeister hat im Laufe der Veröffentlichung seine Aussage mit der Sperre für Anrainer korrigiert, die Sperre und Umleitung betrifft nur Radfahrer.
Die „sicherere“ Umleitung verläuft weiter nach Traisen bis zum EVN Umspannwerk, hinauf Richtung Hubhof auf die B18. Nach ca. 1,4 km Bundesstraße dürfen die Radfahrer wieder bei der Feuerwehr Wiesenfeld abbiegen und die Umleitungsstrecke bis zur Wiesenfeldbrücke wieder zurück auf den Radweg nehmen.
Es folgen im nächsten Punkt ein paar Zahlen, Daten und Fakten, dann dürfen Sie selber entscheiden, ob die Umleitung für mehr Sicherheit sorgt, oder ob diese nur dazu dient die Haftung und Verantwortung des Bürgermeisters abzusichern. Weil natürlich, wenn dann Radfahrer trotzdem den Radweg benutzen, dann Verordnungswidrig und auf eigene Gefahr!

Zahlen, Daten, Fakten zur B18

Genauer gesagt betrachten wir hauptsächlich den Abschnitt der B18 welcher die Umleitung betrifft.

Rund 10.000 Fahrzeuge pro Tag.
Eine 2019 vom Land NÖ durchgeführte Verkehrszählung zählte am Streckenkilometer 53,371 der B18 (Wiesenfeld) täglich 9.470 PKW und 617 LKW. Link zur Quelle.
Die Gemeinde Traisen misst seit Ende Februar 2024 an der Ostausfahrt der B18 mit einer Geschwindigkeitsmessanalage den Verkehr. Im September 2024 wurde die erste Auswertung gemacht. Im Zeitraum vom 22.02.2024 bis 14.08.2024 fuhren 734.491 Fahrzeuge von Traisen auf der B18 Richtung Osten (St. Veit). Das sind im Durchschnitt 4.221 Fahrzeuge pro Tag pro Richtung. Link zur Quelle.

St. Veit hätte – wie Traisen – eine gleiche Messanlage beim Feuerwehrhaus Wiesenfeld installiert, leider gibt es hierzu keine öffentlichen Daten.
Leider müssen wir auch bezweifeln, ob die Daten für die Entscheidungsgrundlage auch wirklich verwendet worden sind. Vielleicht ein Aufruf sich ein Beispiel an Traisen zu nehmen und auch mal die Ergebnisse und Erkenntnisse zu Veröffentlichen?

Zahlen, Daten, Fakten zum Radweg

Auch zum Radweg gibt es Daten. Diese sind zwar aus nicht öffentlicher Quelle, aber liegen uns netterweise vor. Mit einem Telraam S2 (Amateurgerät) wurden Daten entlang des Radweges im Bereich der Kalkmühle erfasst.

Wir haben nun den Fokus auf Radfahrer gesetzt und auch für den Zeitraum vom 01.01.2025 bis 31.05.2025 eine Auswertung gemacht.
Bekanntlich ist in den Wintermonaten weniger los, deswegen wurden auch nochmals der April und Mai 2025 im Detail angesehen.
Da die Umleitung laut Information nur von Montag bis Freitag gilt, gibt es auch hierzu ausgewertete Daten.

Radfahrer im Zeitraum 01.01.2025 – 31.05.2025:
13.937 gesamt – durchschnittlich 92 Fahrräder täglich

Radfahrer im Zeitraum 01.04.2025 – 30.04.2025:
5.552 gesamt – durchschnittlich 185 Fahrräder täglich

Aufteilung April:
18,28 % Montags
10,64 % Dienstags
16,44 % Mittwochs
8,16 % Donnerstags
6,16 % Freitags
17,67 % Samstags
22,64 % Sonntags

Montag bis Freitag: 3.314 – durchschnittlich 151 Fahrräder täglich
Samstag & Sonntag: 2.238 – durchschnittlich 280 Fahrräder täglich

Radfahrer im Zeitraum 01.05.2025 – 31.05.2025:
5.004 gesamt – durchschnittlich 161 Fahrräder täglich

Aufteilung Mai:
7,47 % Montags
14,93 % Dienstags
11,21 % Mittwochs
17,11 % Donnerstags
14,47 % Freitags
24,42 % Samstags
10,39 % Sonntags

Montag bis Freitag: 3.262 – durchschnittlich 147 Fahrräder täglich
Samstag & Sonntag: 1.742 – durchschnittlich 218 Fahrräder täglich

Sicherheitsrisiko

Die Umleitung soll vermutlich wegen den Baustellen ÖBB und Köckbrücke errichtet werden. Durch den Baustellenverkehr werden durchaus einige LKWs unterwegs sein, dies ist ja ohnehin bereits seit Monaten der Fall.

Aber ist eine Umleitung über die B18 Werktags wirklich sichererer?
Wenn man die Zahlen davor betrachtet, sind Montag bis Freitag immerhin durchschnittlich 150 Radfahrer täglich unterwegs, in den Sommermonaten vermutlich noch mehr. Dort fahren allerdings auch täglich zwischen 8.400 und 10.000 Fahrzeuge mit Geschwindigkeiten zwischen 50 und 100 km/h.
Der Baustellenverkehr entlang des Radweges ist mit 30 bis max. 50 km/h unterwegs und die LKWs werden vermutlich auch im Bereich von 50 bis 70 Fuhren täglich liegen.

Es hat leider den Anschein, dass hier Verantwortung abgeschoben wird und das auf Kosten der Radfahrer mit einem großen Sicherheitsrisiko. Ein weiteres Beispiel welch schlechte Vorausschau die St. Veiter Gemeindeführung hat. Langfristige und Sinnvolle Planung, wie so oft, Fehlanzeige.

Hoffen wir, dass niemandem etwas passiert.

Und noch was: Keine Umleitungsschilder weit und breit

Besonders kurios:
Obwohl die Sperre ab 1. Juni 2025 gelten soll und vom Bürgermeister persönlich verordnet wurde, stehen bis heute – einige Tage nach Inkrafttreten – noch keine Umleitungsschilder entlang der Strecke.
Man fragt sich schon, wie ernst das Ganze überhaupt gemeint war, oder ob man einfach die Verantwortung auf Papier abgeben wollte, ohne sich um die praktische Umsetzung zu kümmern.

Fazit

Wieder einmal zeigt sich: Kommunikation mit der Bevölkerung hat in St. Veit keinen hohen Stellenwert, zumindest dann nicht, wenn es unbequem wird. Die Entscheidung, Radfahrer über die B18 zu schicken, ist aus sicherheitstechnischer Sicht fragwürdig und aus planungstechnischer Sicht schlicht schlampig.

Die Umleitung mag auf dem Papier beschlossen worden sein, aber weder ordentlich kommuniziert, noch konsequent umgesetzt.
Wer ernsthaft für Sicherheit sorgen will, sollte vielleicht weniger auf Facebook posten und mehr organisieren.

Wir hoffen, es passiert niemandem etwas. Aber auf Glück sollte man sich in der Verkehrsplanung nicht verlassen.