Informationen zu erhalten und zu liefern war noch nie so einfach wie in der heutigen Zeit. Mit dieser Einfachheit ist jedoch auch die Bequemlichkeit gestiegen. Schnell muss es gehen: ein perfekt inszeniertes Foto, ein Video, das die 20-Sekunden-Marke nicht überschreitet, inhaltslose Schlagworte. Dabei sollten genau jene Informationen unser Interesse wecken, die wir uns selbst holen müssen – und nicht jene, mit denen man uns überhäuft.
Ein perfektes Beispiel für die Überhäufung mit leeren Inhalten ist die Wahlwerbung. Die Bürger sind aufgerufen, ein soziales Gewissen für ihre Gemeinde zu wählen. Doch was ist ein soziales Gewissen? Es ist „(…) die nobelste unternehmerische Triebfeder (…) und geprägt von uneigennützigem Handeln, Selbstlosigkeit und Rücksichtnahme auf andere Denk- und Verhaltensweisen.“¹
Die aktuell betriebene Gemeindepolitik entkräftet ihren eigenen Wahlslogan jedoch auf all diesen Ebenen selbst.
Die unternehmerische Triebfeder fehlt
Diese setzt sich vor allem aus Organisations-, Leistungs- und Planungsfähigkeit zusammen, um effiziente Produkte zu erschaffen. Wirtschaftlichkeit steht an erster Stelle. Beim Blick auf diverse Projekte kann man jedoch, auch bei näherem Hinsehen, kein kostenbewusstes Wirtschaften in der Gemeindepolitik erkennen.
Die Planungsunfähigkeit wird besonders bei Investitionen deutlich. Entweder werden diese verabsäumt oder aber unüberlegt getätigt. Ersteres war zum Beispiel der Fall bei der Verwirklichung des Plans eines Ärztezentrums inklusive Rettungsstelle. Mit der richtigen Organisation und Planung wäre hier Potenzial für eine effiziente Leistungsfähigkeit für die Zukunft geschaffen worden. Durch die Versäumnisse wurde die Rettungsstelle in ein fremdes Gebäude ausgelagert und wird seither teuer angemietet.
Hohe Mietkosten fallen auch für den Kindergarten in Wiesenfeld an, nämlich 10.850 € netto pro Monat auf 35 Jahre. Ein Kindergarten sollte jedoch als öffentliches Gebäude im Eigentum der Gemeinde stehen. Stattdessen wird auf Kosten der Gemeindebürger eine parteinahe Genossenschaft fürstlich entlohnt.
Gleichzeitig wird auf Einnahmen aus Mietkosten dann jedoch auch gerne verzichtet. So sehr ein Ansiedeln von Ärzten in der Gemeinde zu befürworten ist, so sehr hallt noch der Spruch „Koste es, was es wolle“ nach. Ein Erlassen der Miet- und Betriebskosten auf drei Jahre und eine spärliche Monatsmiete für zwei weitere Jahre lässt sich niemandem als kostenbewusstes Wirtschaften verkaufen.
Kostenbewusst wäre in diesem Fall eine Zusammenarbeit im Bezirk gewesen. Ein Arzt ist für alle 14 Gemeinden ein Gewinn, doch die gesamten Kosten trägt nur eine, nämlich St. Veit. Ist im Falle dieses Projekts die Wirtschaftlichkeit der Eitelkeit gewichen?
Die unternehmerische Triebfeder kann sich offenbar schon einmal als träger Retourgang erweisen. Das Geld der Allgemeinheit wird mit beiden Händen ausgegeben – ohne Organisations-, Planungs- und Leistungsfähigkeit. Soziale Gewissensbisse? Nicht vorhanden!
Uneigennütziges Handeln? Fehlanzeige!
Das „Eine Hand wäscht die andere“-Prinzip wird in der Gemeinde parteipolitisch ganz offen gelebt: Bevorzugungen bei Postenbesetzungen, Vorabauswahl bei Sanierungs- und Reparaturarbeiten oder ein paar zugedrückte Augen bei der Erlassung von Gebühren.
Der amerikanische Schriftsteller Ambrose Bierce hatte Recht: „Politik: die Führung öffentlicher Angelegenheiten zum privaten Vorteil.“ Im Sinne aller Gemeindebürger sollte davon jedoch dringend Abstand genommen werden. Für ein gelebtes Miteinander müssen für alle dieselben Regeln gelten, und alle sollten dieselben Vorteile genießen – auch wenn sie sich nicht plötzlich auf einer Parteiliste wiederfinden.
Das Geschehen in einer Gemeinde muss transparent und fair ablaufen. Seien es Postenbesetzungen, Ausschreibungen oder die Ausübung der Rechte und Pflichten aller Bürger: Freunderlwirtschaft sollte Kompetenz weichen. Das rote Gewissen dem farbenblinden.
Selbstlosigkeit – oder doch Eitelkeit?
Eine weitere parteipolitisch gelebte Praxis erkannte bereits der spanische Filmemacher Luis Buñuel: „Mancher lehnt eine gute Idee bloß deshalb ab, weil sie nicht von ihm ist.“
So werden selbst die besten Einfälle verworfen, sobald sie aus dem „falschen“ Lager kommen. Umsetzungswürdig sind sie nur, wenn sie, nach Verstreichen einiger Zeit, wieder aufgegriffen werden und als die eigenen verkauft werden können. Dabei wird vollkommen vergessen, dass Gemeindepolitik an und für sich nichts mit Parteipolitik zu tun hat.
Sie bietet Chancen, Tätigkeitsbereiche und Arbeitsplätze. Die Führung öffentlicher Angelegenheiten muss im Sinne der Bürger stattfinden – selbstlos, ohne Hang zur Selbstdarstellung. Denn „für seine Arbeit muss man Zustimmung suchen, aber niemals Beifall“ (Charles-Louis de Montesquieu).
Rücksichtnahme? Ein Fremdwort.
Eine Selbstverständlichkeit, die jedoch leider nicht (mehr) vorhanden ist.
Jeder Mensch hat das Recht, seine eigene Meinung zu haben und diese auch kundzutun – ohne Angst vor etwaigen Konsequenzen. Anstatt die Chance zu nutzen, die Ohren für viele verschiedene Ansichten offen zu halten, wird sie mit Füßen getreten. Anstatt die Bürger mundtot zu machen, könnte eine Zusammenarbeit unter Rücksichtnahme auf die Gedanken und Ideen aller so viel mehr bewirken.
Fazit: Eine leere Hülle
Bei genauer Betrachtung bleibt vom Wahlspruch „Jede Gemeinde braucht ein soziales Gewissen“ nur noch eine leere Hülle übrig. Was bleibt, ist eine Überhäufung mit nichtssagenden Schlagworten und inszenierten Fotos.
Wie Pablo Neruda sagte: „Der Mann steht im Mittelpunkt und somit auch im Wege.“
Machen wir den Weg wieder frei für etwas Neues – mit(einander)!
¹ Alfred-Joachim Hermanni, 2022. „Soziales Gewissen,“ Springer Books, in: Business Guide für strategisches Management, Ausgabe 2, Kapitel 37, Seiten 261–266, Springer